Fachtag „Migration/Flucht und Behinderung“ bei der Lebenshilfe Hamburg

Ein breites Netzwerk sachkundiger Kollegen aus Behindertenhilfe und Migrationsverbänden, Mitgliedern der Hamburger Bürgerschaft und des Deutschen Bundestags traf sich auf Einladung der Lebenshilfe Hamburg am 25. Oktober 2018. Thema des Hamburger Fachtags war das interkulturelle Querschnittsthema Migration/Flucht und Behinderung und die Hürden im Integrationsprozess von Geflüchteten mit Behinderung.

Es referierten die Bundestagsabgeordnete Aydan Özoguz, der Vorsitzende von SeGeMi Dr. Mike Mösko, der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Prof. Dr. Johannes Caspar, Birgit Kruse vom Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB) und Regina Jäck, Fachsprecherin für Menschen mit Behinderung und Mitglied der Hamburger Bürgerschaft. Die Diskussion im Anschluss zeigte, dass sich in den letzten drei Jahren bei der Integration von Geflüchteten mit Behinderung sowie bei der Beratung, Betreuung und Versorgung dieser Gruppe der besonders schutzbedürftigen Geflüchteten viel bewegt hat.

Trotzdem ist das Hilfesystem nicht durchgängig flexibel genug. Viele auf dem Fachtag genannte Mindeststandards in der alltäglichen Versorgung der Betroffenen müssen noch stärker in den Blickpunkt genommen werden.

Geflüchtete mit Behinderung sind in der Regel Quereinsteiger in den Systemen. Die Vorgaben zum Erreichen bestimmter Leistungslevels in Schule, Ausbildung und Beruf sind Hürden, die – wenn überhaupt – nur mit großem Beratungs- und Betreuungsaufwand im Einzelfall beseitigt werden können. Unverständlich ist, warum für eine theoriereduzierte Ausbildung das Sprachlevel B2 verlangt wird. Das desillusioniert die Betroffenen, die ohnehin nicht gut mit Frustrationen umgehen können. Dass Reinigungskräfte im Gesundheitssystem dolmetschen, ist sicherlich auch auf die geringe Bedeutung von sprechender Medizin zurückzuführen. Insgesamt handelt es sich aber um eine Versorgungslücke aufgrund des geringen Anteils von Ärztinnen und Ärzten mit entsprechender Sprachkompetenz. Muttersprachler aus dem Familienumfeld reichen hier nicht.

Am Anfang der Unterstützung von Geflüchteten mit Behinderung steht immer noch die Auffindesituation. Prof. Dr. Caspar stellte klar, dass eine Identifizierung der Betroffenen nicht mit dem Datenschutz übereingeht. Eine individuelle Beratung der Betroffenen über das Hilfesystem in Deutschland ist die einzige Lösung. Ohne eine Beratungsstelle für Migration/Flucht und Behinderung bleibt die Versorgung von Geflüchteten mit Behinderung dem Zufall überlassen.

Die Hamburger Bürgerschaft fördert mit dem Integrationsfonds neben dem Projekt ZuFlucht Lebenshilfe bereits einige andere Angebote:

  • Sprachmittler für Geflüchtete mit Behinderung bei Arztbesuchen und Beratungsterminen von SeGeMi
  • Selbsthilfeangebote und Verweisberatungen bei fördern & wohnen
  • Fachstelle für Schüler mit Fluchterfahrung und sonderpädagogischem Förderbedarf im Regionalen Bildungs- und Beratungszentrum (ReBBZ) Mitte
  • Projekte vom Rauhen Haus und Leben mit Behinderung

Diese Angebote sind für Hamburg ein guter Anfang, der weiterentwickelt werden muss.

Der Fachtag „Migration/Flucht und Behinderung“ wird mit einer umfangreichen Dokumentation abschließen, die dann auf der Internetseite der Lebenshilfe Hamburg zu finden ist.